Hörsturz Behandlung

von PRIV. DOZ. DR. MED. CH. KLINGMANN

Was ist ein Hörsturz?

Bei einem Hörsturz handelt es sich um einen akuten Hörverlust ohne erkennbare Ursache. Der Hörsturz tritt plötzlich und in der Regel einseitig auf. Der Hörverlust kann geringgradig sein und betrifft wenige Frequenzen. Dann sind meist die hohen Töne betroffen. 

Video Hörsturz Teil 1 - Definition, Ursachen und Diagnose

Video Hörsturz Teil 2 - Welche Rolle spielt Stress?

Video Tinnitus - Definition, Ursachen & Behandlung

Es gibt aber auch Hörstürze, bei denen der gesamte Frequenzbereich mittelgradig bis stark beeinträchtigt ist. Auch komplette einseitige Ertaubungen kommen vor. Der Hörsturz kann in jedem Lebensalter auftreten. Typischerweise tritt er allerdings bei Erwachsenen auf. Häufig kommt es im Rahmen eines Hörsturzes auch zu einem Ohrgeräusch (Tinnitus). Schwindelbeschwerden können ebenfalls vorhanden sein.

Häufigkeit

Entsprechend der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde tritt der Schwindel bei ca. 160 bis 400 Personen pro 100.000 Einwohner in Deutschland auf. Das bevorzugte Erkrankungsalter liegt um die 50 Jahre. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.

Hörsturz Ursachen

Viele verschiedene Ursachen des Hörsturzes wurden diskutiert und bis heute gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis für die verschiedenen Hypothesen, die im Raum stehen. Insbesondere gibt es keinen Beweis dafür, dass ein Hörsturz durch eine Durchblutungsstörung verursacht wird. Tritt ein akuter Hörverlust nach einem Lärmereignis auf, zum Beispiel Explosion eines Feuerwerkkörpers oder einem Discobesuch, so spricht man nicht von einem Hörsturz, sondern von einem Knalltrauma, Explosionstrauma oder Lärmtrauma. Der Hörsturz ist nichts anderes als ein akuter Hörverlust des Innenohres ohne von außen erkennbare Ursache. 

Trotz der unklaren wissenschaftlichen Datenlage fällt auf, dass ein Hörsturz häufig stressassoziiert ist. Allerdings gibt es auch Patienten, die aus einer völligen Entspanntheit einen Hörsturz erleiden.

Hörsturz Symptome

Hauptsymptom eines Hörsturzes ist der Hörverlust. Ist der Hörverlust jedoch gering ausgeprägt und möglicherweise nur im hohen Frequenzbereich vorhanden, wird der Hörverlust häufig jedoch subjektiv nicht wahrgenommen. Manchmal fällt vielleicht auf, dass man plötzlich nicht mehr auf der einen Seite telefonieren kann. Häufiger bemerken die Betroffenen Patienten jedoch ein Druckgefühl im Ohr, ein gewisses verzerrtes Hören, als wäre eine Lautsprecherbox kaputt.

Gegebenenfalls liegt ein Tinnitus vor, also ein mit dem Hörsturz aufgetretenes Ohrgeräusch. Schwindelbeschwerden kommen auch vor, sind aber seltener. Manche Patienten geben auch eine gewisse Gefühlsstörung um die Ohrmuschel herum an.

Hörsturz Diagnostik

Bevor ein Hörsturz diagnostiziert werden kann, müssen erst andere Auslöser für eine akute Hörminderung ausgeschlossen werden. Zunächst wird sich der HNO-Arzt vergewissern, dass es sich um einen Hörverlust des Innenohres handelt. Hierzu ist eine HNO-ärztliche Untersuchung notwendig, die zum Beispiel einen verlegten Gehörgang durch Ohrenschmalz oder eine Entzündung ausschließt. Auch Erkrankungen des Mittelohres können zu einer akuten Hörminderung führen, wie zum Beispiel eine Mittelohrentzündung, ein Tubenkatarrh, Schädigungen des Mittelohrs durch ein Trauma und viele andere Ursachen. Durch die HNO-ärztliche Untersuchung und die anschließende Untersuchung des Hörvermögens (Tonaudiometrie), der Schwingungsfähigkeit des Trommelfells (Tympanometrie) und der Funktion der Haarzellen (Otoakustische Emissionen) lässt sich in der Regel sofort beim ersten Termin unterscheiden, ob eine Schalleitungsschwerhörigkeit, also eine Schädigung im Bereich des Gehörgangs oder des Mittelohrs vorliegt oder eine Innenohrschwerhörigkeit.

Im Intervall sollte noch eine Überprüfung des Hörnervs durchgeführt werden in Form einer Hirnstammaudiometrie (BERA). Außerdem sind im Verlauf der Erkrankung regelmäßige Höruntersuchungen notwendig.

Differenzialdiagnosen

Es gibt eine ganze Reihe von Differenzialdiagnosen, an die man bei Vorliegen einer Innenohrschwerhörigkeit denken muss. Deshalb sollte im Rahmen der Hörsturzdiagnostik auch eine gründliche Erhebung der Krankengeschichte erfolgen. Solche Differenzialdiagnosen sind zum Beispiel:

  • Virale Infektionen (Zoster, Mumps…)
  • Multiple Sklerose
  • Vergiftungen (Medikamente, auch Aspirin in zu hoher Dosierung, Drogen, Gewerbegifte)
  • Tumoren
  • Traumata (Unfall, Stoß auf den Kopf, Tauchen oder Fliegen, Lärmeinwirkung)
  • Bakterielle Entzündungen des Innenohres (die eine Seltenheit darstellen)
  • Liquorverlust, zum Beispiel nach Liquorpunktion
  • Hirnhautentzündung
  • Kreislauferkrankungen
  • psychogener Hörstörung

Es gibt noch weitere Möglichkeiten für einen akuten Innenohrhörverlust, die jedoch sehr selten sind. Es ist die Aufgabe des behandelnden HNO-Arztes alle möglichen Ursachen auszuschließen. Grundsätzlich ist es nicht notwendig alle seltenen Ursachen auszuschließen, wenn ein leichtgradige Hörsturz zum ersten Mal im Leben auftritt.

Hörsturz Therapie 

Bei einem Hörsturz handelt es sich um keinen Notfall. Anders als früher angenommen, muss sich ein Hörsturzpatient nicht am selben Tag bei einem HNO Arzt vorstellen. Man spricht heute von einem Eillfall, dies bedeutet, dass man sich zum nächst möglichen Zeitpunkt untersuchen lassen sollte. Zum Beispiel an einem Montag, wenn die Beschwerden Freitagabend auftreten. 

Weshalb hat sich diese Einschätzung geändert?
Man hat festgestellt, dass es bei 31 bis 89 % der Patienten zu einer spontanen Rückbildung der Beschwerden kommen kann. Die Angaben sind in den verschiedenen Studien sehr unterschiedlich. Festgehalten werden kann jedoch, dass es durch Zuwarten zu einer kompletten Erholung des Hörvermögens kommen kann, sodass keine Notwendigkeit für eine sofortige Vorstellung beim HNO Arzt gegeben ist.

Welche Therapie sollte durchgeführt werden?
Leider ist bezüglich der Therapie des Hörsturzes die wissenschaftliche Datenlage unklar. Es gibt sehr viele Studien, die völlig widersprüchliche Ergebnisse zeigen. Man sollte deshalb auch den Schweregrad des Hörsturzes in seine Überlegungen einbeziehen. Aus meiner Sicht spielt auch die psychische Belastung durch den Hörsturz, möglicherweise aber auch vor dem Hörsturz, eine große Rolle. 

Aufgrund der unklaren wissenschaftlichen Datenlage empfiehlt die Leitlinie Hörsturz alle genannten Therapieoptionen als Behandlungsvorschläge. Das ist ein sehr schwacher Empfehlungsgrad. Aus diesem Grund ist aus meiner Sicht das Nebenwirkungsprofil der angewendeten Therapie unbedingt zu beachten.
 

Mein Vorgehen bei akutem Hörsturz ist deshalb nach Erhebung der ausführlichen Krankengeschichte, der HNO-ärztlichen Untersuchung und der ausführlichen Diagnostik:

  • Reduktion von äußeren Belastungsfaktoren im privaten oder beruflichen Umfeld. Im Zweifel sollte der Patient 1 bis 2 Wochen zu Hause bleiben. Umstrukturierung der Arbeitsbelastung.
  • Bei geringgradigem Hörverlust mit und ohne Tinnitus: Zuwarten. Kontrolle des Hörvermögens nach 3 Tagen.
  • Bei mittelgradigem Hörverlust oder starkem Therapiewunsch: systemische Kortisontherapie in hoher Dosierung. Ich selbst empfehle 250 mg Prednisolon über 3 Tage in Tablettenform. Anschließend sollte das Hörvermögen überprüft werden. Bei persistierendem Hörverlust wird das Kortison über insgesamt 19 Tage in der Dosierung reduziert. Zwischenzeitlich erfolgen weitere Kontrollen des Hörvermögens. Stellt sich eine deutliche Verbesserung ein, so kann die medikamentöse Therapie deutlich verkürzt werden.
  • Bei hochgradigem Hörverlust oder Ertaubung: hier sollte über die Differenzialdiagnose einer Perilymphfistel nachgedacht werden und gegebenenfalls eine operative Abdichtung der Membranen durchgeführt werden, die das Innenohr zum Mittelohr hin abdichten. Ich führe diesen operativen Eingriff selbst durch. Entsprechend der Definition des Hörsturzes handelt es sich dann aber nicht mehr um einen Hörsturz, sondern um eine Perilymphfistel.
     

Alternative Therapiemöglichkeiten:

  • Brachte eine systemische Kortisontherapie keine ausreichende Besserung führe ich auch eine lokale Applikation von Kortison in das Mittelohr durch (intratympanale Kortisontherapie). Auch hierzu ist die Datenlage schwach. Da es sich jedoch um ein Sinnesorgan handelt, sollte man jedoch in Abwägung der Risiken alles für das die Hörfunktion tun. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten für diese Therapie nicht.
  • Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO): Hier gibt es Hinweise, dass eine hyperbare Sauerstofftherapie eine gute Behandlungsoption für Patienten darstellt, die auf eine systemische Kortisontherapie nicht reagiert haben. Auch diese Therapie wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.
     

Unnötige Therapiemöglichkeiten:

  • Aus meiner Sicht stellt eine Infusionstherapie heutzutage keine adäquate Therapie des Hörsturzes dar. Durch die Infusionstherapie entstehen unnötige Kosten, der Aufwand ist groß und die Therapie ist für den Patienten unangenehm. Kortison wird in Tablettenform zu 98 % in den Körper aufgenommen. Eine intravenöse Applikation des Cortisons ist deshalb nicht notwendig. Kortison ist auch nicht magenschonender, wenn es intravenös gegeben wird, da die Nebenwirkungen im Bereich der Magen-Darmschleimhaut nicht durch eine lokale Reaktion verursacht werden, sondern durch die medikamentöse Wirkung des Cortisons. Sind Beschwerden im Bereich des Magen-Darm-Trakts bekannt, können Magensäure-Blocker verwendet werden (Protonenpumpeninhibitoren).

Prognose

Der Hörsturz hat eine sehr gute Prognose. Bedenkt man nur die hohe Spontanheilung von 30 bis 90 %, so zeigt dies bereits, dass der Hörsturz häufig folgenlos verheilt. 

Je stärker der Hörverlust ausgeprägt ist, umso schlechter ist die Chance auf eine vollständige Erholung des Hörvermögens. Insgesamt dauert es bis zu einem Jahr bis das Hörvermögen vollständig erholt sein kann. Selbst bei persistierender vollständiger Ertaubung nach Beendigung der medikamentösen Therapie habe ich schon Patienten erlebt, die bei der Kontrolle nach 3 Monaten, 6 Monaten oder 12 Monaten wieder gehört haben. Erst 12 Monate nach dem Hörsturz geht man von einem persistierenden Hörverlust aus.

Das kann ich für Sie tun

Aus meiner Sicht ist für die Behandlung eines Hörsturzes häufig das ärztliche Beratungsgespräch wichtiger als die medikamentöse Therapie. Denn es geht nicht nur um die Behandlung des aktuellen Hörverlustes, sondern um die Schaffung von Umständen, die eine Heilung beschleunigen. Darüber hinaus sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, einen erneuten Hörsturz zu vermeiden.

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